Mitarbeitersuche und Mitarbeiterbindung in KMU

Als mittelständiges Unternehmen gute Mitarbeitende finden und binden – 11 Thesen

  • Wir sind bereits in einem Arbeitnehmer-Arbeitsmarkt angekommen: Es gibt, trotz oder unabhängig von „Corona“, mehr Stellenangebote als Arbeitskräfte. In den nächsten Jahren wird sich diese Entwicklung wahrscheinlich fortsetzen und damit die Situation auf dem Arbeitsmarkt weiter verschärfen. Dieser demografische Wandel ist schon seit vielen Jahren bekannt. Es kann Ihnen also passieren, dass Stellen auch mittel- und langfristig nicht besetzt werden, wenn es in der Berufsgruppe, die Sie suchen, weniger Fachkräfte als Bedarf gibt. Es macht daher Sinn, sich beizeiten mit Plan B und C auseinanderzusetzen, z. B., indem Sie Aufgabengebiete anders aufteilen, um leichter verfügbare Ressourcen einsetzen zu können. Oder indem Sie Ihre Angebote fokussieren.
  • Sie befinden sich in einer bisher so nicht gekannten Konkurrenzsituation um Mitarbeiter/innen. Wenn Sie nicht „Porsche“, „Daimler“ oder ähnlich heißen, müssen Sie das Interesse von Bewerbern auf sich ziehen. Viele KMU haben sich noch nie damit auseinandergesetzt, was sie ausmacht, für was sie stehen und was sie ggf. von ihren Mitbewerbern im positiven Sinne unterscheidet. Dementsprechend werden sie auch von Bewerber/innen wahrgenommen: als Einheitsbrei. Das ist schade: Im Mittelstand gibt es jede Menge spannende „Nuggets“, die unbeachtet bleiben, solange sie nicht für Sichtbarkeit sorgen.
  • Gelungenes Personalmarketing für KMU besteht nicht darin, besonders „hipp“ zu wirken, sondern sich möglichst so interessant darzustellen, wie das Unternehmen ist. In Zeiten hoher Transparenz wird ohnehin schnell entlarvt, was nicht authentisch ist und dann ist der Schaden größer als der vermeintliche Nutzen.
  • Falls Sie Mitarbeiter/innen ausbilden: Hier lohnt es sich auf jeden Fall, sich mit den Gepflogenheiten der Zielgruppe auseinanderzusetzen, um sich beispielsweise eine wirkungslose Investition in Printmedien zu sparen. Sowohl die Art, wie Sie von potenziellen Auszubildenden wahrgenommen werden als auch die Qualität der Ausbildung selbst ist von Bedeutung. Es ist noch nicht lange her, da hätte eine Anfrage für „Coaching für Auszubildende“ bei mir Fragezeichen ausgelöst. Auch heute sind sie noch selten, aber nicht mehr ungewöhnlich, insbesondere unter dem Aspekt „Nachsozialisierung“ (siehe Punkt 9). Wenn Sie darauf angewiesen sind, dass junge Leute nach Ihrer Ausbildung weiterhin in Ihrem Unternehmen bleiben, kann das eine Investition sein, die sich schnell rentiert. Eine „fertige“ Fachkraft auf dem Arbeitsmarkt zu akquirieren, kostet dagegen etwa ein Jahresgehalt.
  • Weil die Akquise neuer bzw. weiterer Arbeitnehmer/innen schwierig ist und immer schwieriger wird, wäre es gut zu wissen, aus welchen Gründen ihre Mitarbeiter/innen für Sie arbeiten und was Sie tun können, damit dies so bleibt. Sich mit den Erwartungen von Mitarbeiter/innen auseinanderzusetzen, ist nichts Neues, sondern war schon immer eine wichtige Führungsaufgabe. Wenn das bisher nicht in Ihrem Fokus war, wäre es überlegenswert, sich und Ihre Führungskräfte entsprechend zu befähigen.
  • Apropos Führungskräfte: Stellen Sie sich darauf ein, dass die Führungsaufwände steigen. Die Wertesysteme und Prioritäten der Angehörigen der Generationen X, Y und Z haben sich im Vergleich zu denen vorangegangener Generationen verändert. Karriere zu machen und 60-80 Stunden pro Woche zu arbeiten, ist nicht mehr per se en vogue. Work-Life-Balance, Zeit für die Familie, Freunde und Hobbies stehen höher im Kurs als früher. Das heißt nicht, dass die jungen Leute faul geworden sind. Vielleicht sind sie sogar schlauer als wir.
  • Nochmal apropos Führungskräfte: Stellen Sie sich darauf ein, dass Sie nicht nur Ihr Unternehmen potenziellen Bewerbern andienen müssen, sondern zunehmend auch die Übernahme von Führungsverantwortung. Seit zwei, drei Jahren erhalte ich von meinen Kunden Nachrichten wie diese: „Wir können unsere Führungspositionen nicht mehr aus eigenen Reihen besetzten, weil wir zu wenig Bewerber/innen haben.“ Wenn dies auch auf Ihr Unternehmen zutrifft, lohnt sich ein Blick auf die amtierenden Vorbilder, die die bestehende Führungskultur prägen, um herauszufinden, warum das Ziel „Führungskraft werden“ bzw. „… sein“ offenbar nur noch für wenige Mitarbeiter/innen attraktiv ist. Dann können Sie vielleicht gegensteuern.
  • Zugleich haben zentrale Führungsaufgaben, wie z. B. der Abgleich zwischen Selbst- und Fremdbild, keineswegs an Bedeutung verloren. Vor allem, wenn eine gute Zusammenarbeit in Teams, in Projekt- und Matrixorganisationen Voraussetzung für gute Ergebnisse ist. Hier sind die Generationen Y und Z selbstbewusster und diskussionsfreudiger sowie weniger empfänglich für manipulative Führungs“-Techniken“. Das fordert von Führungskräften ein hohes Maß an Klarheit, Empathie, Authentizität und dialektischen Kompetenzen, um ernstgenommen zu werden und wirksam argumentieren zu können.
  • Mobiles Arbeiten macht es vielen Unternehmen noch schwieriger, Identifikation zu schaffen bzw. aufrecht zu erhalten. Je unbedeutender es ist, wo ich arbeite, desto egaler wird es, wo bzw. wer mein Arbeitgeber ist und die Schwelle für einen Wechsel sinkt deutlich.
  • Investitionen in Organisationsentwicklung, Training und Coaching von Führungskompetenzen und Unterstützung von Teams sind keine „Schöner Wohnen“-Projekte, sondern zahlen sich – bei guter Qualität – mit hoher Rendite aus: Sie steigern die Performance Ihrer Führungskräfte und Teams und verschaffen Ihnen by the way noch Transparenz über den Grad Ihrer Attraktivität als Arbeitgeber.
  • Gute Berater für KMU zu finden, ist ähnlich schwierig, wie einen guten Hausarzt zu finden: Man kann dessen Kompetenz bisweilen erst nach der Behandlung beurteilen. Trauen Sie sich daher, sowohl Berater als auch ihre Produkte und Methoden kritisch und mit gesundem Menschenverstand zu hinterfragen. Organisationsentwicklung, Coaching und Training ist weder eine Raketenwissenschaft noch „Voodoo“, sondern lässt sich, die entsprechenden Kompetenzen beraterseitig vorausgesetzt, verständlich erklären. Seriöse Berater/innen sind daran interessiert, dass ihre Kunden verstehen, was sie machen, wie sie vorgehen und was es kostet.

Je eher Sie die IST-Situation anerkennen und sich mit den konkreten Auswirkungen auf Ihr Unternehmen auseinandersetzen, desto schneller können Sie für sich und Ihr Unternehmen gangbare Wege finden, unter den gegebenen Voraussetzungen weiterhin erfolgreich zu bleiben.