Unternehmer werden? Unternehmer sein?

Ein etablierter selbstständiger Unternehmer zu sein, hat viele Vorzüge. Doch der Weg dorthin ist meist steiniger als vom Gross der Angestellten gedacht. Entsprechend sorgfältig sollte der Schritt in die Selbstständigkeit geplant sein, damit der Traum nicht zum Alptraum wird.

„Ich mache mich selbstständig.“ Diesen Wunsch hegen viele Angestellte mit Berufen, in denen sie persönliche oder immaterielle Dienstleistungen für andere Menschen erbringen. Als Beispiel seien hier Friseure und Masseure, Physiotherapeuten und Sozialpädagogen, aber auch Grafiker, Handwerker und IT-Fachleute genannt, die als Angestellte zumeist – zumindest in ihren eigenen Augen – ein eher geringes Gehalt beziehen, das zudem kaum steigerbar ist.

Ein zentraler Grund, warum sie häufig von einer freiberuflichen oder selbstständigen Tätigkeit bzw. einem Unternehmer-sein träumen, ist der Wunsch, ihr Einkommen zu verbessern; außerdem der Wunsch, selbstbestimmter zu arbeiten und eine bessere Work-Life-Balance zu haben, unter anderem, weil sie als Unternehmer selbst entscheiden können, wann und wieviel sie arbeiten.

Die Wünsche als Unternehmer erfüllen sich nicht von selbst

Dies alles sind Wünsche, die sozusagen wie von selbst in Erfüllung gehen, wenn man den Schritt in die Selbstständigkeit wagt – dies suggerieren zumindest viele sogenannte „Unternehmer-Coaches“, die

  • im Internet ihre Leistungen anbieten und
  • angeblich den Weg nicht nur in die „finanzielle Freiheit“ schon erfolgreich beschritten haben.

Die Realität ist leider eine andere. Geschätzt zwei Drittel aller Personen, die in Dienstleistungsberufen arbeiten und – nicht selten nach Abschluss einer Zusatzausbildung – den Schritt in die Selbstständigkeit wagen, stellen nach etwa einem Jahr fest: Ich schaffe es nicht, als selbständiger Unternehmer meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Das heißt, sie müssen – sofern sie nicht die nötigen finanziellen Rücklagen haben oder einen „Sponsor“, der ihre Selbstständigkeit weiter „subventioniert“ – wieder in das Angestellt-sein zurückkehren; nicht selten belastet mit einem Berg von Schulden, der zum Beispiel durch das Anmieten von Gewerberäumen, den Kauf des für die selbstständige Tätigkeit nötigen Equipments, das Finanzieren des Lebensunterhalts usw. während der Selbstständigkeit usw. entstanden ist.

Den Schritt in die Selbstständigkeit sorgfältig planen

Dies soll kein Plädoyer gegen eine selbstständige Tätigkeit sein, denn selbstverständlich sind mit dem Unternehmer-sein auch viele Vorzüge verbunden – das weiß ich als selbstständiger Coach, der zugleich Mutter zweier Kinder ist, aus eigener Erfahrung. Doch meist gestaltet sich dieser Schritt schwieriger als viele Noch-Angestellte denken: Entsprechend sorgfältig sollte, nein muss er geplant sein.

So unterschätzen viele Jungunternehmer zum Beispiel, wie viel Umsatz sie aufgrund ihrer Fixkosten – wozu auch die Krankenversicherung und Altersvorsorge zählen – erzielen müssen, um das gewünschte oder angestrebte Einkommen zu haben. Mindestens das Doppelte, wenn nicht gar Dreifache des ausgezahlten „Unternehmergehalts“ sollte man – abhängig vom Gewerbe – hierfür schon kalkulieren.

Viel Arbeit und ein geringes Einkommen sind anfangs normal

Einen so hohen Umsatz erzielen fast alle Dienstleister, die Unternehmer werden und (nahezu) ausschließlich vom Honorar für ihre (Hand- oder Kopf-)Arbeit leben, in den ersten ein, zwei Jahren ihrer Selbstständigkeit nicht. Ein zentraler Grund hierfür ist: Beim Start ihrer Selbstständigkeit kennt sie und ihre Unternehmung noch fast niemand. Entsprechend gering ist die Zahl ihrer Kunden. Und da noch wenige Personen bisher Erfahrung mit ihrer Leistung gesammelt haben, können sie auch noch wenige anderen Personen oder Organisationen empfehlen. Entsprechend viel Zeit (und meist auch Geld) müssen sie gerade in der Startphase in ihre Selbstvermarktung und das Steigern ihrer Bekanntheit investieren.

Zudem müssen sie sich in viele neue Aufgaben wie Marketing, Buchhaltung, Dokumentation, Rechnungswesen usw. einarbeiten – alles Aufgaben, mit denen sie meist wenig Erfahrung haben, weshalb sie in deren Erledigung auch noch keine Routine haben. Deshalb dauert ihr Wahrnehmen bei ihnen auch länger als bei gestandenen Unternehmern, die in ihrer Organisation hierfür auch schon die nötige Infrastruktur geschaffen haben.

Sich als Selbstständiger auf längere, nicht nur finanzielle Durststrecken einstellen

Das heißt unter dem Strich: Unternehmer bzw. Selbstständige stehen gerade in der Startphase ihrer Unternehmungen oft vor einem Berg von Aufgaben bei einem eher geringen Einkommen. Deshalb kommt bei ihnen in den ersten Jahren, bis sie bzw. ihre Unternehmungen sich einigermaßen im Markt etabliert haben, auch oft die angestrebte Work-Life-Balance zu kurz. Darum haben nicht wenige Unternehmensgründer nach einiger Zeit das Gefühl „Alles wird mir zu viel. Ich schaffe das nicht“ – selbst wenn sich ihre Unternehmen eigentlich auf einem guten Weg befinden.

Entsprechend wichtig ist es, bei der Existenzgründung darauf zu achten, dass man auch über das nötige finanzielle Polster verfügt, um die finanzielle Durststrecke am Anfang zu überstehen – sofern man keinen Lebenspartner hat, der die Unternehmung mit seinem Einkommen sozusagen „quer-subventioniert“.

Die nötige Zuversicht bewahren … und ausstrahlen

Wichtig sind zudem ein, zwei persönliche Ratgeber, die das Unternehmer-sein kennen und denen man vertraut, und die einem in Phasen des Zweifels oder des Verzagtheit-seins vor Augen führen: „Schau mal, dies und das hast du schon erreicht. Du bist auf dem richtigen Weg; mit der nötigen Ausdauer und Geduld erreichst du dein Ziel.“

Solche mentalen Unterstützer – bzw. Kraft- und Energiespender – sind gerade in Startphase als Unternehmer wichtig. Denn insbesondere für Anbieter in Dienstleistungsbereich gilt: Es ist für ihr Business tödlich, wenn ihre Klienten oder Kunden im Kontakt mit ihnen ihre existenziellen Nöte und Ängste sowie den inneren Druck zu verkaufen spüren, denn dann fassen sie zu ihnen kein Vertrauen.

Checken Sie deshalb im Vorfeld Ihres möglichen Schritts in die Selbstverständigkeit auch: Wer könnten meine potenziellen Unterstützer in Phasen geringer Zuversicht (sowie mehr oder minder intensiver Existenz-Ängste) sein? Denn solche Phasen haben auch alle gestandenen Unternehmer durchlebt, die heute die Vorzüge des Unternehmern-seins bzw. Selbstständig-seins genießen. Also wappnen Sie sich hierfür!

Nikola Doll

Hinweis: Nähere Info über die Arbeit von Nikola Doll, Neustadt an der Weinstraße als (Business-)Coach u. a. für UnternehmerInnen, Selbstständiger, finden Sie hier.